Familienversicherung
Die Möglichkeit der beitragsfreien Mitversicherung von Familienangehörigen gibt es in Deutschland im System der gesetzlichen Krankenversicherung, jedoch nicht in der privaten Krankenversicherung, wo für jeden Versicherten ein eigener Beitrag zu entrichten ist.
Familienversicherung in der GKV
Studenten, und gegebenenfalls deren Kinder, können sich beitragsfrei gesetzlich krankenversichern, sofern ein Elternteil gesetzlich krankenversichert oder ein Ehegatte bzw. Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (Pflichtmitglied oder freiwilliges Mitglied) ist und die weiteren Voraussetzungen gemäß § 10 SGB V erfüllt sind (für die beitragsfreie Versicherung in der sozialen Pflegeversicherung § 25 SGB XI).
Als Kinder im Sinne der Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder. Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern.
Voraussetzungen für einen familienversicherten Studenten in der deutschen GKV nach § 10 SGB V sind:
- ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland (Bundesrepublik Deutschland),
- dass du nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 oder nicht freiwillig versichert (allerdings kann eine Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft erfolgen, um in den beitragsfreien Schutz der Familienversicherung zu gelangen) bist,
- dass du nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit bist; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht (Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung),
- dass du nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig bist und
- kein Gesamteinkommen hast, das regelmäßig im Monat 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des SGB IV überschreitet (im Jahr 2024 sind das 505 €); für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a des SGB IV in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des SGB IV ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.
Ehegatten und Lebenspartner von Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse sind für die Dauer der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nicht versichert, wenn sie zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren.
Familienversicherung über ein Elternteil
Studenten können nur bis einen Tag vor ihrem 25. Geburtstag über ein Elternteil beitragsfrei mitversichert sein. Wird das Studium durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht unterbrochen oder verzögert, verschiebt sich die Altersgrenze um diesen Zeitraum nach hinten. Dies gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch:
- den freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes,
- einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz,
- dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder
- einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder
- durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes für die Dauer von höchstens zwölf Monaten.
Ein Zurechnungszusammenhang im Sinne einer sehr eng verstandenen Kausalität lässt sich dem Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 2 Nr. 3 SGB V nicht entnehmen, sodass beispielsweise auch mehrjährige private Auszeiten, Zeiten der Berufsausbildung, Berufstätigkeit oder Arbeitslosigkeit nach Absolvierung des Dienstes und vor Aufnahme des Studiums unschädlich für die Verlängerung der Familienversicherung sind. Siehe dazu auch unter anderem die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 20.08.2015 – L 5 KR 149/14, LSG Sachsen vom 26.08.2016 – L 1 KR 179/15 und LSG Berlin-Brandenburg vom 27.04.2017 – L 1 KR 246/15.
Ohne Altersgrenze können Studenten beitragsfrei über ein Elternteil in der GKV mitversichert sein, wenn sie als behinderte Menschen außerstande sind, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung bereits zu einem Zeitpunkt vorlag, zu dem bereits Familienversicherung über ein Elternteil bestand oder die Familienversicherung nur wegen einer Vorrangversicherung ausgeschlossen war.
Ein Kind ist dann unfähig, sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen eigenen Lebensunterhalt einschließlich notwendiger Aufwendungen infolge der Behinderung nicht selbst bestreiten kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 10.12.1980 – 9 RV 11/80 -). Dies ist dann der Fall, wenn das Kind infolge der Behinderung nicht in der Lage ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und mehr als nur geringe Einkünfte zu erzielen. Der Begriff des Außerstandeseins ist mit dem der Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar (BSG, Urteil vom 14.08.1984 – 10 RKg 6/83 -). Voraussetzung ist, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Behinderung und der Unmöglichkeit, sich selbst zu unterhalten, besteht (BSG, Urteil vom 10.12.1980 – 9 RV 11/80 -).
Kinder von familienversicherten Studenten sind ebenfalls beitragsfrei versichert, sofern sie selbst die Voraussetzungen für die Familienversicherung erfüllen:
- bis zum 18. Geburtstag
- bis zum 23. Geburtstag, wenn sie nicht erwerbstätig sind
- bis zum 25. Geburtstag, ggf. verlängert (siehe zuvor), wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes leisten
- bei Behinderung ohne Altersgrenze (siehe vorheriger Absatz).
Studenten können sich gemäß § 10 Abs. 3 SGB V nicht über ein Elternteil familienversichern, wenn der mit dem Studenten verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist (also z.B. privat krankenversichert), sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt (JAEG, auch Versicherungspflichtgrenze genannt) und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist, wobei bei Renten der Zahlbetrag berücksichtigt wird. Der Gesetzgeber geht in diesen Fällen davon aus, dass das höhere Einkommen des nicht gesetzlich krankenversicherten Ehegatten die wirtschaftliche Grundlage der Familie bildet.
Familienversicherung über den Ehegatten
Ohne Altersgrenze können sich Studenten über ihren Ehegatten bzw. Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz familienversichern, wenn dieser Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist. Auch hier gelten die oben genannten Voraussetzungen.
Im Fall der Scheidung oder Nichtigerklärung der Ehe endet das Ehegattenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils und damit die Familienversicherung via den Ehegatten.
Unerheblich ist, ob die Ehegatten tatsächlich zusammen oder getrennt leben.
Bei eheähnlichen Gemeinschaften ist die Familienversicherung dagegen nicht anwendbar; auch ein Verlöbnis ist nicht ausreichend.
Auskunfts- und Mitteilungspflichten gegenüber der Krankenkasse
Aus § 10 Absatz 6 SGB V ergibt sich, dass der Stammversicherte, also das Mitglied, von dem die Familienversicherung abgeleitet wird, der zuständigen Krankenkasse alle für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben sowie die Änderung dieser Angaben zu melden hat.
§ 289 SGB V sieht vor, dass die gesetzliche Krankenkasse die Familienversicherung für die Eintragung in das Versichertenverzeichnis bei deren Beginn festzustellen hat und dazu die erforderlichen Daten vom Angehörigen oder mit dessen Zustimmung vom Stammversicherten zu erheben hat. Zudem ist in Satz 3 die Pflicht geregelt, den Fortbestand der Voraussetzungen der Versicherung nach § 10 auf Verlangen der Krankenkasse nachzuweisen.
Als Versicherter hast du zudem gemäß § 206 SGB V der gesetzlichen Krankenkasse auf Verlangen über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für die Durchführung der der Krankenkasse übertragenen Aufgaben erforderlichen Tatsachen unverzüglich Auskunft zu erteilen und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen. Auf Verlangen sind die Unterlagen, aus denen die Tatsachen oder die Änderung der Verhältnisse hervorgehen, der Krankenkasse unverzüglich vorzulegen.
Der Beteiligte handelt ordnungswidrig, wenn eine Auskunft, (Änderungs-)Mitteilung oder Vorlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfolgt (§ 397 Abs. 2 Nr. 2, 3 SGB V). Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 2.500 Euro geahndet werden (§ 397 Abs. 3 SGB V).
Ende der Familienversicherung: Was nun?
Sobald die beitragsfreie Familienversicherung für dich als Studierenden in der GKV durch Wegfall der persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen endet und auch nicht über eine andere Konstellation möglich ist – denkbar ist bspw. nach dem Ende der Familienversicherung über ein Elternteil wegen Erreichens der Altersgrenze eine Familienversicherung über deinen Ehegatten (da ohne Altersgrenze) – wirst du regelmäßig versicherungspflichtig in der GKV. Zu diesem Zeitpunkt (oder auch später; durch einen Verbleib bei derselben Krankenkasse entsteht keine allgemeine 12-monatige Bindungsfrist!) kannst du deine Krankenkasse wechseln:
Die Ausübung des Krankenkassenwahlrechts kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht rechtswirksam erfolgen. Wichtig: Kommt die Versicherungspflicht jedoch aufgrund einer rückwirkenden Aufhebung der Familienversicherung zustande (z. B. Eintritt der Versicherungspflicht als Student durch den Wegfall der vorrangigen Familienversicherung aufgrund des Überschreitens der Einkommensgrenze), beginnt die zweiwöchige Frist für die Ausübung des Krankenkassenwahlrechts erst mit dem Tag nach der Bekanntgabe der Feststellung der Krankenkasse.
Wirst du nach Ende der Familienversicherung durch Wegfall der persönlichen Voraussetzungen (bei Wegfall der Familien-Stammversicherung tritt hingegen ggf. die Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ein) nicht versicherungspflichtig in der GKV, so würdest du ohne eine Reaktion deinerseits automatisch freiwilliges Mitglied bei deiner bisherigen gesetzlichen Krankenkasse werden (obligatorische Anschlussversicherung), sofern kein nachgehender Leistungsanspruch besteht (§ 19 Abs. 2 SGB V), an den sich ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall anschließt oder du nicht innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis deiner Krankenkasse deinen Austritt erklärst (bei Nachweis eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall, z.B. “Folgeversicherungsnachweis” einer privaten Krankenversicherungsgesellschaft).
Möchtest du nach Ende der Familienversicherung die gesetzliche Krankenkasse für die Durchführung der freiwilligen Versicherung direkt wechseln, so geht das unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V und einer Anzeige bzw. Erklärung des Beitritts gegenüber der neuen Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Ende der Versicherung. Ein späterer Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse wäre im “Regelverfahren” möglich, denn eine 12-monatige Bindungsfrist entsteht durch die freiwillige Mitgliedschaft im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V unmittelbar an eine zuvor kraft Gesetzes beendete Familienversicherung nicht.
Nutze einfach unseren kostenlosen Wechselservice, wenn deine Familienversicherung absehbar endet und du deine Krankenkasse wechseln möchtest: