Studentische GKV: mit 37 Jahren ist Schluss
Letzte Aktualisierung am 30.05.2024 von adminBis zum 31.12.2019 galt durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Regelung, dass Studenten spätestens mit 37 Jahren nicht mehr Mitglied in der gesetzlichen studentischen Krankenversicherung (KVdS) sein konnten. Dies galt auch für den Fall nahtlos aneinandergereihter Hinderungsgründe wie Erkrankungen, Behinderung oder Erziehungszeiten. Durch den Wegfall der Begrenzung der Fachsemesteranzahl (14 Fachsemester = 7 Jahre) bei der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nr. 9 SGB V wird seit dem 01.01.2020 an dieser absoluten Altershöchstgrenze jedoch nicht weiter festgehalten.
Grundsätzlich besteht die gesetzliche Versicherungspflicht für Studenten nach § 5 Absatz 1 Nr. 9 SGB V längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Darüber hinaus besteht diese Pflicht nach Maßgabe des § 5 Absatz 1 Nr. 9 SGB V ausnahmsweise nur weiter, wenn Hinderungsgründe – etwa eine Behinderung, Erkrankung oder auch Erziehungszeiten – für die Überschreitung dieser Altersgrenze ursächlich waren.
Das Bundessozialgericht (BSG) stellte in zwei Fällen (Az.: B 12 KR 17/12 R und B 12 KR 1/13 R) klar, dass sich trotz Hinderungsgründen die Versicherungspflicht nicht zeitlich unbegrenzt verlängern ließe. Vielmehr habe sich das Fortdauern des kostengünstigen Versicherungsschutzes als Student an dem maximalen Zeitrahmen zu orientieren, den das Gesetz auch vor Vollendung des 30. Lebensjahres für das nicht verzögerte Erreichen eines Studienabschlusses akzeptiere. Das waren bis zum Ende des Jahres 2019 14 Fachsemester, mithin sieben Jahre Fachstudienzeit. Die Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student reiche daher dem Grundgedanken des § 5 Absatz 1 Nr. 9 SGB V folgend längstens bis zur Vollendung des 37. Lebensjahres.
Nach dem Ende der Versicherungspflicht müssen sich Studenten entweder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung weiterversichern (wenn keine Familienversicherung infrage kommt oder aufgrund eines anderen Tatbestandes Versicherungspflicht eintritt) und zahlen dort einen deutlich höheren Beitrag. Alternativ können sie einer privaten Krankenversicherung beitreten.
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Erster Fall: Behinderung (B 12 KR 17/12 R)
Im ersten Fall hatte ein 1963 geborener Student geklagt, der 1983 ein Hochschulstudium begann, dieses aber auf ärztlichen Rat hin im Alter von 34 Jahren abbrach, um sich dann einem Jurastudium zuzuwenden. Zehn Jahre nach Beginn der fachtherapeutischen Behandlung wurden bei ihm 2006 das Asperger-Syndrom sowie eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert. Nachdem die Barmer GEK den Kläger aufgrund seiner Erkrankung durchgehend in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) geführt hatte, stellte sie 2009 durch Bescheid das Ende dieser Versicherungspflicht fest.
Das BSG wich mit seinem Urteil, die Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student reiche längstens bis zur Vollendung des 37. Lebensjahres, deutlich von den Entscheidungen der Vorinstanzen ab. Diese hatten als maximalen Verlängerungszeitraum eine Zeitspanne von elf bis zwölf Jahren angenommen (= typischer Zeitraum zwischen dem Erwerb der Hochschulreife und der gesetzlichen Altersgrenze des 30. Lebensjahres).
Die vom Kläger gerügte Verletzung des behinderte Menschen schützenden Diskriminierungsverbots (Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG), anderer Regelungen höherrangigen Rechts und der UN-Behindertenrechtskonvention liege nach der Entscheidung des BSG nicht vor. Ein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen sei nicht ersichtlich. Zu Gunsten des betroffenen Studenten bestünden keine Ansprüche auf eine bestimmte Art der Durchführung der Gesundheitsversorgung oder darauf, die kostengünstig ausgestaltete Versicherungspflicht als Student zeitlich unbegrenzt zu erhalten.
Zweiter Fall: Krankheit und Kinderbetreuung (B 12 KR 1/13 R)
Im zweiten Fall nahm der 1974 geborene Kläger nach seinem Abitur 1994 ein Hochschulstudium auf. Zum Wintersemester 1998 / 1999 wechselte er in das Studienfach Humanmedizin und erkrankte in der Folgezeit an einer – erstmals Ende 2001 aufgetretenen – reaktiven Depression. Er wurde vor seinem 30. Lebensjahr für drei Semester krankheitsbedingt vom Studium beurlaubt und für diese Zeit ausnahmsweise weiter in der studentischen Krankenversicherung versichert. Als er aber mit 32 Jahren Vater wurde und sein Kind betreute, wollte er auch für die Kindererziehungszeiten weiterhin den kostengünstigen Krankenversicherungsschutz für Studenten in Anspruch nehmen.
Die Techniker Krankenkasse lehnte das ab. Die Erkrankung sei ein Grund für die Verlängerung des Versicherungsschutzes gewesen, weil diese vor dem 30. Lebensjahr angefallen war. Dagegen waren die Kindererziehungszeiten erst danach angefallen und könnten folglich nicht als Grund für eine Verlängerung des Versicherungsstatus herangezogen werden. Das BSG stimmte dem zu.
Über das 30. Lebensjahr hinaus könnten Studenten nur ausnahmsweise den preisgünstigen Tarif der KVdS nutzen. Der Grund für eine Verlängerung müsse vor dem 30. Lebensjahr entstanden sein. Der günstige Schutz gelte dann aber nicht unbegrenzt fort. Er müsse sich an dem Zeitrahmen orientieren, in dem ein Studienabschluss normalerweise erreicht werden kann. Das seien 14 Fachsemester, also sieben Jahre.