Versicherungen für Studenten

Solidargemeinschaften als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall für Studierende

Letzte Aktualisierung am 31.08.2022 von admin

Mit dem aufgrund des am 09.06.2021 in Kraft getretenden Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetz, kurz DVPMG, neu eingeführten § 176 SGB V greift der Gesetzgeber die in der Vergangenheit wiederholt diskutierte Frage auf, ob die sogenannten Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen unter bestimmten Voraussetzungen als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall anzuerkennen sind.

Nach Maßgabe des Gesetzes werden solche Solidargemeinschaften entsprechend anerkannt, die am 20. Januar 2021 (Tag des Kabinettbeschlusses) bereits bestanden haben und seit ihrer Gründung ununterbrochen fortgeführt wurden (§ 176 Absatz 1 SGB V).

Die Solidargemeinschaften müssen ihren Mitgliedern Leistungen in Art, Umfang und Höhe der gesetzlichen Krankenkassen gewähren (§ 176 Absatz 2 Satz 1 SGB V). Zudem setzt die Anerkennung eine dauerhafte Leistungsfähigkeit der Solidargemeinschaft voraus. Diese ist gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit alle fünf Jahre durch ein versicherungsmathematisches Gutachten nachzuweisen, das von einem unabhängigen Gutachter zu prüfen und zu testieren ist (§ 176 Absatz 3 SGB V).

Was sind Solidargemeinschaften?

Die Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen verstehen sich als Alternative zu den Krankenversicherungen und sind ohne Gewinnabsichten. Die rund 20.000 bis 25.000 Angehörigen der verschiedenen Gemeinschaften in Deutschland sehen sich als solidarische Gruppen, die im Krankheitsfall finanziell füreinander einstehen.

Manche Solidargemeinschaften existieren bereits seit nunmehr gut 100 Jahren. Ihren Ursprung haben sie im freiwilligen Zusammenschluss von Pfarrern zur gegenseitigen gesundheitlichen Absicherung.

Das Prinzip der Solidargemeinschaften ist relativ einfach: jedes Mitglied zahlt einen, nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit definierten Beitrag, unter anderem abhängig vom Einkommen und Anzahl der Kinder. Davon wird ein Teil einem persönlichen Gesundheitskonto gutgeschrieben, der andere fließt in einen Solidarfonds.

“Normale” Arztbesuche, Behandlungen und medizinischen Bedürfnisse des Alltags zahlt jeder einzelne zunächst aus seinem persönlichen Gesundheitskonto. Dabei kann die am geeignetsten erscheinende Behandlungsform gewählt werden. Reicht das Geld aus dem Individualkonto nicht mehr aus – zum Beispiel bei einem stationären Krankenhausaufenthalt oder anderen kostspieligen Behandlungen – wird der Solidarfonds herangezogen.

Die niedrige Mitgliederzahl der Solidargemeinschaften macht jedoch eine Gefahr deutlich: Gesundheitskosten können selbst für den Einzelnen sehr teuer sein: folglich auch für kleine Gemeinschaften. Allein bei einer längeren Krebstherapie mit schwerem Verlauf müssen sechsstellige Kosten eingeplant werden. Doch auch hierfür haben die Vereine zum Teil eine Lösung: Teure Gesundheitsrisiken werden über Rückversicherungen oder Restkostenversicherungen externer Anbieter abgedeckt.

Anwendungsbereich der Anerkennung der Solidargemeinschaften als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Recht der GKV

Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Anerkennung der Solidargemeinschaften als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung nur auf den Anwendungsbereich der Auffang-Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V beschränkt. Laut Gesetzesbegründung erstreckt sich jedoch die Rechtswirkung der Anerkennung im Sinne des § 176 SGB V auf sämtliche SGB V-Rechtsvorschriften, die eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall für den Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung voraussetzen (Bundestagsdrucksache 19/27652, Seite 110). Dies betrifft die Voraussetzungen einer Kündigung der freiwilligen Krankenversicherung (§ 175 Absatz 4 Satz 5 SGB V), die Austrittsmöglichkeiten bei dem Zustandekommen der obligatorischen Anschlussversicherung (§ 188 Absatz 4 Satz 2 SGB V) sowie das Recht zur Befreiung von der Krankenversicherungspflicht (§ 8 Absatz 2 Satz 4 SGB V).

Das Rückkehrrecht zur GKV nach dem Ausscheiden aus der Solidargemeinschaft besteht nach Maßgabe der allgemein gültigen Voraussetzungen unabhängig davon, aus welchem Grund die Mitgliedschaft bei der Solidargemeinschaft beendet wird (die einseitige Kündigung durch die Solidargemeinschaft bei erhöhten Versicherungsrisiken oder Beitragsrückständen ist gesetzlich nicht ausgeschlossen). Dies schließt unter anderem eine Anwendung von § 6 Absatz 3a SGB V (Versicherungsfreiheit nach Vollendung des 55. Lebensjahres bei Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 bis 12 SGB V) ein. Werden dagegen keine vorrangigen Versicherungstatbestände erfüllt, kommt bei Personen, die zuletzt vor der Mitgliedschaft in der Solidargemeinschaft gesetzlich versichert waren, unabhängig von ihrem Lebensalter die Auffang-Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V zur Anwendung.

Was bedeutet das nun für Studierende?

Studierende können nunmehr also auch über die Mitgliedschaft in einer anerkannten Solidargemeinschaft ihre Absicherung im Krankheitsfall darstellen, bei einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV (innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht), als Alternative zu einer freiwilligen Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse (Kündigung bzw. Austrittsmöglichkeiten beim Zustandekommen der OAV) oder als Alternative zu einer privaten Krankenversicherung (Kündigung).

Die Aufnahme in eine Solidargemeinschaft ist im Allgemeinen nicht so einfach. Die Vereine achten sehr darauf, wen sie als Mitglieder aufnehmen, die Bewerbung muss überzeugen und man sich aktiv einbringen, Verantwortung übernehmen. Auch eine Probezeit ist nicht unüblich.

Wer die Aufnahme geschafft hat, kann von einer Absicherung im Krankheitsfall profitieren, die vielfach deutlich günstiger als eine Versicherung in der GKV oder PKV ist und auch noch mehr leistet. Dazu trägt wesentlich bei, dass die Solidargemeinschaften weitgehend ohne einen “hauptamtlichen” Verwaltungsapparat auskommen (die Gemeinschaften leben vom Ehrenamt) und die Haltung der Versicherten selbst dazu beiträgt, dass die Kosten im Rahmen bleiben.

Welche Solidargemeinschaften sind aktuell als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall anerkannt?

Nach eigener Aussage sind dies u.a. alle vier zum BASSG, einem in Bremen sitzenden Dachverband von Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen, gehörenden Solidargemeinschaften: Die Samarita Solidargemeinschaft, die SpUka Münster, der SUV Vechta und die Uka Bielefeld. Derzeit sind in diesen ca. 7.000 Menschen Mitglieder.

Pflegeversicherung

Da die Solidargemeinschaften eine Absicherung im Krankheitsfall, nicht aber im Pflegefall leisten, wurden für die nach § 176 SGB V anerkannten Mitglieder von Solidargemeinschaften zwei neue Versicherungspflichttatbestände in der Pflegeversicherung eingeführt. Die Versicherungspflicht tritt jeweils dort ein, wo die betroffenen Personen ohne ihre Mitgliedschaft in der Solidargemeinschaft der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung zuzuordnen wären (soziale Pflegeversicherung oder private Pflege-Pflichtversicherung).