Gesundheitsfragen richtig beantworten
Letzte Aktualisierung am 06.09.2018 von adminBei der Beantragung einer neuen Privaten Krankenversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung müssen in den meisten Fällen vom zukünftigen Versicherungsnehmer auch umfangreiche Fragen zum Gesundheitszustand (Gesundheitsfragen) beantwortet werden, damit sich der Versicherer vorab ein Bild von den gefahrerheblichen Umständen machen kann. Lediglich bei bestimmten gesellschaftsinternen Wechseln bzw. einer Vertragsumstellung kann unter gewissen Umständen eine erneute Gesundheits- bzw. Risikoprüfung entfallen.
Doch wie geht man bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen am besten vor?
Im ersten Schritt sollte der Antragsteller alle relevanten Patienten-/Behandlungsunterlagen zusammentragen. Das sind Befunde, Diagnosen, Röntgenbilder, … kurzum alles, was sich bei Behandlern oder Untersuchern so befindet. studentische-versicherungen.de hat für alle Anliegen entsprechende Musterschreiben erstellt, die kostenfrei genutzt werden können.
Um keinen Behandler/Untersucher zu vergessen, sollte man bei den Krankenkassen bzw. Versicherern, wo man versichert ist und war, eine detaillierte, ausführliche “Leistungsaufstellung” anfordern (§ 305 SGB V). Nach § 83 SGB X sind auch die Kassenzahnärztlichen sowie Kassenärztlichen Vereinigungen über die bei Ihnen gespeicherten Sozialdaten unentgeltlich auskunftspflichtig. Diese überprüfen, ob man befugt ist, Zugang zu den Daten zu erhalten. Dafür muss man sich ausweisen, bei persönlichem Erscheinen durch Vorlage des Personalausweises, Reisepasses oder Aufenthaltstitel. Bei einer schriftlichen Beantragung per Brief ist die Kopie eines gültigen Ausweisdokumentes beizufügen sowie die Versichertennummer (zu finden auf der elektronischen Gesundheitskarte) anzugeben und der Antrag handschriftlich zu unterschreiben.
Hat man seine “Behandler” alle beisammen, sollte man nun dort durch persönliches Erscheinen oder schriftlich per Einschreiben um Einsicht in die Behandlungsunterlagen bitten. Gleichermaßen sollte man die Herausgabe in Kopieform mitsamt einer unterzeichneten Erklärung über die Vollständigkeit und Richtigkeit der Unterlagen verlangen. Diese Rechte stehen dem Patienten nach dem Gesetz zu, hier also nicht “abwimmeln” lassen! Eventuell liefern die Unterlagen dann auch Hinweise auf andere Behandler, die man in Anspruch genommen und bisher vergessen hat.
Anzufordern sind unter anderem auch die Musterungsunterlagen, sofern man gemustert wurde, bzw. allgemein die Personalakte/G-Akte, sofern man bei der Bundeswehr Dienst geleistet hat (beides erhält man entweder vom zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr, früher Kreiswehrersatzamt, oder dem Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr, Aktienstraße 87, 56626 Andernach)!
Angabepflicht von Beschwerden, körperlichen Schäden o.ä. ohne ärztliche Konsultation
Im übrigen fragen die Versicherer in ihren Gesundheitsfragen in der Regel allgemein nach Krankheiten, Beschwerden, Unfallfolgen, usw. Das heißt, es sind dann auch solche anzugeben, die keinen Arztbesuch erforderten und man nicht behandelt wurde! Hatte man beispielsweise für einige Tage eine Erkältung (Infektion), Rückenbeschwerden, kurze Zeit Sodbrennen, usw., so sind diese Sachen auch anzugeben, selbst wenn man ihnen nur geringe Bedeutung beimisst und deswegen nicht beim Arzt war!
Angabepflichtig sind oft auch körperliche Schäden, Behinderungen, Fehlstellungen, Fehl-/Missbildungen, Funktionsbeeinträchtigungen oder Anomalien, die irgendwann einmal festgestellt wurden und vermutlich noch bestehen, aber derzeit nicht behandlungsbedürftig sind oder es gar nie waren. Ein Beispiel wären hier O-Beine, Senkfüße, unterschiedliche Beinlängen, Allergien, uvm.
Die Gesundheitsfragen des Versicherer sollte man also genau lesen und auch auf die jeweiligen Abfragezeiträume (Vergangenheit, Gegenwart und teils auch Zukunft > “Behandlung / OP geplant bzw. angeraten?”) achten. “Die Kunst” ist, alles anzugeben was abgefragt wird, aber möglichst nichts anzugeben, was nicht abgefragt wird. Macht man letzteres, gibt man dem Versicherer nur mehr Angriffsfläche als nötig für eine Ablehnung, einen Ausschluss oder einen Risikozuschlag!
Muster-Schreiben zur Anforderung von Behandlungsunterlagen und Auskünfte
- Krankenkasse/Krankenversicherung: Auskunft nach § 83 SGB X PDF, 41kb
- Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung: Auskunft nach § 83 SGB X PDF, 40kb
- Einsicht und Kopie der Behandlungsunterlagen/Patientenakte PDF, 42kb
- Bundeswehr: Anforderung einer Kopie der Personal-, Musterungs- und Krankenakte (G-Akte) PDF, 39kb
- Bundeswehr: Anforderung der gespeicherten/archivierten (medizinischen) Daten PDF, 39kb
“Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht” oder “Was passiert, wenn man die Gesundheitsfragen nicht richtig beantwortet?”
Der Antragsteller muss die vom Versicherer in Textform gestellten Fragen im Antrag beziehungsweise der Vertragserklärung wahrheitsgemäß und vollständig beantworten. Anderenfalls kann der Versicherer nach § 19 Abs. 5 VVG aufgrund einer sogenannten “Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht” später vom Vertrag zurücktreten (nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit), ihn kündigen (bei einfacher Fahrlässigkeit oder schuldlosem Verstoß) oder eine nachträgliche Änderung in Form einer Beitragserhöhung oder Ausschlussklausel vornehmen. Das geht bis 5 bzw. – bei vorsätzlicher oder arglistiger Verletzung der Anzeigepflicht – 10 Jahre nach Vertragsschluss, sofern kein Versicherungsfall eingetreten ist. Wer unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, gefährdet also seinen späteren Versicherungsschutz!